Diese Frage haben sich vermutlich auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, schon gestellt. Als erste Antwort mögen diese Zeilen dienen, bevor Sie sich ab September selbst ein Bild von mir machen können.
Aufgewachsen bin ich – Jahrgang 1965 – in einem kleinen unterfränkischen Dorf im Spessart namens Fellen. Das Leben im familiären land- und forstwirtschaftlichen Betrieb war geprägt von den Gaben der Schöpfung Gottes. Obst und Gemüse aus dem Garten, Kühe, Schweine, Hühner und Pferde in den Stallungen, Fische aus dem Bach, Apfelwein von der eigenen Kelter und Wildbret aus dem Jagdrevier waren die wichtigsten. Die existentielle Verbundenheit mit der Natur wurde für mich prägend wie auch das Leben mit der Kirche. Der Lauf der Jahreszeiten war verwoben mit dem liturgischen Jahr des Glaubens. Am Ende der Realschulzeit erwachte in mir die mich erschreckende Gewissheit, dass mein Leben nur im Dienste Gottes als Priester stimmig sein konnte. Ich überwand alle aufkommenden Bedenken.
Im Internat der Karmeliten in Bamberg erwarb ich das humanistische Abitur. Leider musste ich dort zum Ende hin eine dunkle Seite der Kirche erleben. Das mir zugefügte Leid erschütterte meinen Glauben und meinen Blick auf die Kirche nachhaltig. Auch einige moraltheologische Vorgaben sah ich äußerst kritisch. Ich trat aus der Kirche aus. Meinem geistlichen Leben entwurzelt, studierte ich mehr aus Verlegenheit einige Semester Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, bevor ich als Requisiteur für die Kindersendung „Käpt’n Blaubär“ arbeitete. Dann ging’s nach Berlin, wo ich vor allem als Location-Scout (Drehortsucher) mein Geld verdiente. Da ich immer mehr meine Erdung verlor, machte ich eine Ausbildung als Florist und arbeitete auch für einige Jahre in diesem Beruf, bevor ich dann wieder Drehorte suchte.
Eigentlich suchte ich jedoch immer noch Gott, der in weiter Ferne schien, aber doch nach wie vor in mir so präsent war. Über viele Klärungsprozesse konnte ich mein mir zugefügtes Leid aufarbeiten und wieder Kontakt zu meiner Wesensmitte aufnehmen. Das äußere Leben wandelte sich fortan rasant. Ich zog weg aus der Partyszene in Kreuzberg und lebte fortan auf dem Pfarrgebiet von St. Ludwig. Hier fand ich wieder Fuß im kirchlichen Leben. Die offene und einladende Gemeinde gab mir Heimat. Ich trat schließlich wieder in die Kirche ein und bewarb mich als Priesteramtskandidat für das Erzbistum Berlin.
Es folgte das Studium in Erfurt, ein Semester auch in Bangalore in Indien und in St. Georgen in Frankfurt am Main. Das Studium bereitete mir große Freude. Meine Diplomarbeit beleuchtet das „Orgien-Mysterien-Theater“ des Aktionskünstlers Herrmann Nitsch aus liturgiewissenschaftlicher Perspektive. Als Transit-Diakon war ich in Hennigsdorf tätig. 2005 wurde ich schließlich zum Priester geweiht. Es folgten zwei Kaplans-Jahre in der Pfarrei Hl. Familie in Berlin-Prenzlauer Berg und Maria, Hilfe der Christen in Berlin-Spandau und vier Jahre in der Pfarrei Salvator in Berlin-Lichtenrade. Sieben Jahre bin ich nun Pfarradministrator in der Pfarrei Bruder Klaus in Berlin-Britz.
Ab dem 1. September werde ich Ihr neuer Pfarrer sein. Es ist für mich ein wenig wie ein Nachhause-Kommen in eine Gemeinde, die mir ein behutsames Wiederaufnehmen des Glaubensleben ermöglicht hat. Ich freue mich auf den Pastoralen Raum Wilmersdorf-Friedenau und die Pfarrei St. Ludwig, der ich viel verdanke!
Ihr designierter Pfarrer Thomas Pfeifroth